Im Prinzip könnten alle zufrieden sein: Die Veranstalter der Gegenkundgebung über den regen Zuspruch, die Stadt, die eine eigene Veranstaltung organisiert hat, und die Polizei, die ihren Job erledigt hat: marschierende Neonazis und Demonstranten zu trennen.

Doch es gibt leider viele Wermutstropfen. Zuallererst stellen sich viele Gegner der Neonazis die Frage, warum es den Faschisten ermöglicht wird, störungsfrei durch Göppingen zu marschieren, während Gegendemonstranten eingekesselt werden und von der Polizei in größerer Zahl am Besuch der Kundgebung gehindert werden. Und das nur, weil einige Randalierer meinen, eine friedliche Demonstration für ihre Zwecke missbrauchen zu müssen. Und dass die Stadtverwaltung gleich reihenweise Platzverweise ausstellt, hält hoffentlich einer gerichtlichen Prüfung stand – sonst ist weiterer Ärger absehbar. Ebenso unverständlich ist, dass sich die Stadt mit ihrer eigenen Veranstaltung bewusst von dem breiten Bündnis aus Kirchen, Gewerkschaften und Parteien distanzierte, anstatt an vorderster Front dabei zu sein. Dass der Oberbürgermeister selbst an der Kundgebung nicht mitwirkte, ist seine Sache, guter Stil ist es aber nicht.

Bevor nun wieder der vorhersehbare Ruf laut wird, das Bündnis solle sich auch gegen linke Chaoten engagieren: Wie der Name „nazifrei“ schon sagt, es agiert gegen Nazis. Wer ein Bündnis gegen Linke möchte, kann dies ja gründen. Ansonsten wäre es das Beste für Göppingen, wenn künftig alle an einem Strang zögen.

Dirk Hüser, Südwest-Presse