Rund 70 Bürger haben am Mittwochabend das neue Bündnis „Kreis Göppingen Nazifrei“ gegründet. Vor und in der Göppinger Stadthalle kam es zu Wortgefechten und kleineren Rangeleien mit Rechtsextremen.

Vor der Stadthalle und im Märklinsaal herrschte am Mittwochabend aufgeheizte Stimmung. Die Polizei musste dafür sorgen, dass die Lage nicht außer Kontrolle geriet. Zur Gründung des neuen Bündnisses „Kreis Göppingen Nazifrei“ war auch ein halbes Dutzend Rechtsextremer erschienen.

Viele der knapp 70 Bürger und Vertreter von Parteien, Gewerkschaften und Organisationen aus dem Kreis, die ein Zeichen gegen rechtsextreme Aktivitäten setzen wollten, reagierten empört, dass die Neonazis zunächst in den Saal gelassen wurden. Es handelte sich allerdings um eine öffentliche Versammlung.

Ein Telefonat mit dem Ordnungsamt der Stadt Göppingen änderte jedoch die Lage: Die Verwaltung bestätigte, dass Alex Maier, Sprecher der Grünen Jugend im Kreis, als Veranstalter an diesem Abend das Hausrecht besitze und unerwünschte Besucher nicht dulden müsse. Unter großem Applaus wurden die Rechtsextremen daraufhin von der Polizei wieder aus der Stadthalle herausgeführt. Mit halbstündiger Verspätung konnte die Veranstaltung beginnen.

Bedauert wurde von den Teilnehmern, dass CDU und Junge Union sich nun doch nicht an dem neuen Bündnis beteiligen wollen. Eine große Mehrheit im Saal war aber dagegen, noch einmal offiziell an die Christdemokraten zu appellieren. „Wir müssen denen nicht hinterherrennen“, meinte ein junger Mann.

Auch die Diskussion über konkrete Aktionen des Bündnisses verlief kontrovers. Mitglieder der linksautonomen Antifa – eine kleine Minderheit unter den Teilnehmern – verließen schließlich den Saal. Ihnen ging es nicht schnell genug mit einzelnen Maßnahmen. Die gesamte Veranstaltung war ihnen offenbar zu gemäßigt. Bei den Initiatoren des Bündnisses hält sich die Enttäuschung darüber in Grenzen. Zwar betonte Alex Maier von der Grünen Jugend gestern, das Bündnis stehe weiter jedem offen, der kein Nazi sei. Doch Maier machte auch deutlich: Alle Aktionen müssten stets legal sein, denn „es gibt keinen guten Extremismus.“ Allerdings schritt auch der 20-Jährige am Mittwoch nicht ein, als eine Vertreterin der Marxistisch-Leninistischen Partei Deutschlands (MLPD) das Wort ergriff.

Einige Teilnehmer forderten die Kommunen im Kreis auf, das Bündnis zu informieren, sobald Rechtsextreme eine Versammlung anmeldeten, damit rechtzeitig Gegendemonstrationen geplant werden könnten. „Wir brauchen ein kreisweit funktionierendes Frühwarnsystem“, meinte der Geislinger Holger Schrag vom Kreisjugendring. „Viele Menschen haben auch einfach unheimlich Angst, sich gegen Nazis zu stellen“, sagte Martina Heer (SPD).

Den Rechtsextremismus nicht zu verharmlosen, ihm aber auch keine Plattform zu bieten – in dieser schwierigen Gemengelage wurde debattiert.

Das neue Bündnis will die Menschen im Kreis über die rechtsextremistische Gefahr aufklären. Vor Ostern sollen öffentliche Gebäude und Anlagen von Nazi-Aufklebern gesäubert werden. Die entfernten Aufkleber können dann gegen Ostereier eingetauscht werden. Für den 1. Mai ist eine Veranstaltung auf dem Schillerplatz geplant. Das weitere Vorgehen koordiniert ein 13-köpfiger Lenkungsausschuss. Ende März will man sich wieder in großer Runde treffen.

Quelle:  Südwestpresse